Feuer und Eisen

 

Im Buch Jesus Sirach (39,26) steht ein eigenartiges Wort, Ÿber das nachzudenken sich lohnt, wenn wir es recht verstehen. Es lautet:

ãDas wichtigste fŸr das Menschenleben ist: Wasser und Salz, Feuer und Eisen!Ò Was das Wasser im natŸrlichen und ŸbernatŸrlichen Bereich fŸr das Menschenleben bedeutet, ist klar. Man braucht dazu nicht einmal ein AnhŠnger von Pfarrer Sebastian Kneipp zu sein. Biblisch gesehen genŸgt es, an das ZwiegesprŠch des Herrn Jesus mit dem Ratsherrn Nikodemus und mit der Samariterin am Jakobsbrunnen (Joh 3 und 4) zu erinnern, um die Heilsbedeutung des Wassers in den Blick zu bekommen.

Und was das Salz betrifft in seiner natŸrlichen und ŸbernatŸrlichen Bedeutung fŸr das Menschenleben, so wird es im AT zu den HauptbedŸrfnissen des menschlichen Lebens gerechnet; es wird aber auch betont, dass das, was mit Salz bestreut wird, nicht vergeht und verwest; es verbindet sich mit ihm die Vorstellung lebenerhaltender, dauerverleihender, vor FŠulnis bewahrender Kraft. ElisŠus machte ungesundes Wasser, das offensichtlich zu Fehlgeburten Anlass gab, durch Salz ãgesundÒ (2 Kšn 2,19-22). Bei keinem Opfer durfte im AB das Salz fehlen. Dieses Opfersalz wurde als ãSalz des BundesÒ bezeichnet und brachte zum Ausdruck, dass der Bund Gottes fest und dauerhaft ist; dahinter stand ein im Vorderen Orient verbreiteter Gedanke, dass gemeinsam genossenes Salz feste Bindekraft hat. Im NT findet sich das, was das AT Ÿber das Salz berichtet, wieder. Die reinigende Wirkung des Salzes wird in Mk 9,49 ausdrŸcklich betont und in Mt 5,13 wird auf die bewahrende Kraft des Salzes hingewiesen. Von den JŸngern, die ihm nachfolgen, aber sagt der Herr, dass sie ãSalz der ErdeÒ sein sollen, weil sie die Erde, die Welt, die Menschheit durch ihr Wort und ihr Beispiel vor der FŠulnis bewahren sollen.

Was haben nun aber Feuer und Eisen, die anderen zwei bei Jesus Sirach genannten Elemente, fŸr das Menschenleben zu bedeuten? Gewiss sind sie durch die Hand des Menschen welterobernd und weltbeherrschend geworden. Aber wieviel Not und Tod haben sie den Menschen dabei gebracht. Und kšnnen wir ihnen denn auch fŸr das religišs-sittliche Leben Bedeutung zusprechen? Sehen wir zu, um darauf die rechte Antwort zu finden.

1)    Das Feuer. (Calderon hat in seinem tiefsinnigen, allegorischen Festspiel ãDas Leben ein TraumÒ, dem Feuer das Wort erteilt, auf dass es im Namen der anderen Element ãals der viere regsamstesÒ zum Schšpfer spreche.)

Das Feuer ist eine Grundvoraussetzung aller menschlichen Kultur. Im Gegensatz zu heidnischen Mythologien schweigt die Hl. Schrift aber Ÿber den Ursprung und die menschliche Kenntnis des Feuers. Sie berichtet nur von seiner Anwendung und Verwendung fŸr Kochzwecke und als Licht- und WŠrmespender (Jer 36,22 und Joh 18,18) und vom kultischen Gebrauch des Feuers beim Brand- und Rauchopfer. Es wird aber auch auf seine symbolische Bedeutung verwiesen: Feuer ist dabei ein Zeichen fŸr die Gegenwart des Herrn und ein Werkzeug seiner Macht, zur Hilfe sowohl als auch zur Strafe (Exod 13,21f; 14,24; Deut 11,1-3). Der Herr erschien im feurigen Dornbusch (Exod 3,2) und im Feuer auf dem Berg Sinai (Exod 19,18). Vom Feuer umgeben offenbarte sich Gott dem Jesaja, Hesekiel und Johannes (Jes 6,4; Hes 1,4; Apok 1,14). Feuer wird das zweite Kommen des Herrn begleiten (2 Thess 1,8). Der Herr fŸhrte sein Volk mit einer FeuersŠule durch die WŸste (Exod 13,21). – Gott wird dann mit einem Feuer verglichen, nicht nur wegen seiner Herrlichkeit und der Lichtgestalt sondern auch mit Bezug auf seinen hl. Zorn gegen die SŸnde, der den SŸnder verzehrt wie das Feuer die Stoppeln (Jes 10,17; Hes 21,36; Hebr 12,29), wenn er sich nicht bekehrt und umkehrt in aufrichtiger Reue.

Feuer ist weiter auch Bild fŸr das Volk Gottes, das seine Feinde Ÿberwindet (Obadja 18), auch Bild fŸr das Wort Gottes (Jer 5,14; 23,29), ebenso fŸr den Hl. Geist (Jes 4,4; Apg 2,3), fŸr den Eifer der Heiligen (Ps 39,4) und fŸr die heiligen Engel (Ps 104,4; Hebr 1,7), aber auch fŸr das Gericht Gottes (Jer 48,45; Klgl 1,13; Hes 39,6) und die damit verbundene Reinigung (Jes 4,4 und Mal 3,2). Es gilt aber auch fŸr den Menschen, der im Dienste Gottes und seiner Wahrheit, im Dienste der unsterblichen Seelen und ihres Heiles glŸht von Liebe oder auch von heiligem Zorn.

 

2)    Eisen. Wir kennen das Lied von ãGott, der Eisen wachsen lie§...Ò und wissen, wie zur Zeit des Moses Handwerkszeug wie Beile und €xte aus Eisen angefertigt wurde; zur Zeit Josues gab es in Kanaan eiserne GefŠ§e und eiserne Wagen; spŠter ist dann von eisernen Waffen die Rede (1 Sam 17,7) auch von SŠgen und AckerbaugerŠten aus Eisen (2 Sam 12,31; Am 1,3). Mit all diesen GerŠten erleichterte das Eisen jedenfalls dem Menschen das Leben und Zusammenleben, gefŠhrdete es aber auch. – Im Ÿbertragenen Sinn ist Eisen in der Hl. Schrift ein Bild fŸr Festigkeit, HŠrte und Kraft (Ps 107,16; Jer 17,12; Jes 48,4; Hes 4,3).

Wenn wir nun Feuer und Eisen in ihrer Bedeutung fŸr das geistig-geistliche Leben Ÿberdenken, so kšnnen wir sagen: welterobernd und weltbeherrschend im geistig-geistlichen Sinn treten nur MŠnner auf, die Feuer sind in glŸhender Begeisterung und zugleich dem Eisen gleichen in unbeugsamer Festigkeit und CharakterstŠrke. Das gilt tatsŠchlich am stŠrksten im Reiche dessen, der als der Inhaber aller Gewalt im Himmel und auf Erden seine Boten zur Welteroberung aussendet bis an die Grenzen der Erde. Paulus aber, der ãWeltapostelÒ im ausgezeichneten Sinn, ist lauter Feuer, aber zugleich ganz Eisen. AusgerŸstet mit eiserner Willensfestigkeit und mit einem feurig glŸhenden Herzen schrieb er im Vollbewusstsein seine Berufung zur Welteroberung fŸr Christus: ãDie Gnade und die Sendung habe ich erhalten, um alle Všlker unter den Gehorsam des Glaubens zu bringen im Namen Christi!Ò (Ršm 1,5). ãMeine WaffenrŸstung, mit der ich als Soldat Christi ausgerŸstet bin, ist aber nicht die des Fleisches, sondern die Macht Gottes zum Abbruch der Festungen (gottwidriger Gesinnung) und zum Sturze jeder hochragenden Macht, die sich aufbŠumt gegen die Erkenntnis Gottes. So nehme ich alles Denken gefangen, damit es Christo dienstbar werde!Ò (2 Kor 10,4f)

Es sei noch auf zwei Bischšfe aus der Urkirche, aus der unmittelbar nachapostolischen Zeit, hingewiesen, die so recht Feuer und Eisen waren, beides zusammen in einer Person, nŠmlich die beiden bischšflichen Freunde Polykarp von Smyrna und Ignatius von Antiochien; (beide sind die ins Leben Ÿbersetzten Worte ihres apostolischen Lehrers Johannes: ãDas ist der Sieg, der die Welt Ÿberwindet, unser Glaube!Ò) Wenn es stimmt, was die Apostolischen Konstitutionen (VIII, 45) berichten, dass Ignatius von Paulus zum Bischof geweiht wurde, dann hat der Všlkerapostel wahrhaftig seine verzehrende feurige Herzensglut mit der Handauflegung in das Herz des Feuermannes Ignatius hinŸbergeleitet. Ignatius, ist Feuer seinem Namen nach und trotzt mit seiner GlaubensstŠrke den eisernen Fesseln und den zermalmenden ZŠhnen der Lšwen; dem anderen Bischof aber, dem hl. Polykarp, rief Ignatius in seinem Brief an ihn (Ep. Ad Polyk. Kp.3) zu: ãSteh fest wie ein Ambos, auf dem man hŠmmert! Das ist de Beruf des tŸchtigen Athleten, den Schlag aufzufangen und zu siegen!Ò

Entsprechend dieser Mahnung steht dann der 86jŠhrige Bischof Polykarp wirklich wie ein Ambos vor dem Richter und dann im brennenden Scheiterhaufen. Mitten in den Feuerflammen ist er so recht ein Feuermann, der beweist, dass die Glut seiner Liebe zu Christus doch noch grš§er ist als das Feuer, das ihm infolge des wunderbaren Eingreifens von oben das zeitliche Leben nicht zu rauben vermag.  Es wŠre eine schšne, wichtige Aufgabe, den angegebenen Gedanken durch ausfŸhrliche Zitate aus den gleichzeitig geschriebenen Briefen dieser beiden bischšflichen Blutzeugen zu erlŠutern und die einzelnen Eigenschaften dieser beiden MŠnner aus Eisen und Feuer noch ausfŸhrlicher nachzuweisen. Die gemachten Andeutungen sollen hier genŸgen.

Das Eisen, der Stahl ist seiner Natur nach das bekannteste Bild der Festigkeit und Strenge. Welche Festigkeit, welcher Ernst und welche Strenge gegen sich selbst, fŸr unsere verweichlichte Zeit befremdlich wirken mšgen, spricht doch aus dem Brief des hl. Ignatius an seinen MitkŠmpfer Polykarp! Wohl ist er in der Einleitung voller Lob Ÿber Polykarps ãfrommen Sinn, der wie auf einem unerschŸtterlichen Felsen gegrŸndet istÒ, und er freut sich, dass er gewŸrdigt worden ist, Polykarps Antlitz zu schauen. Dann aber geht Ignatius sehr schnell zu Ermahnung Ÿber, die uns einem Mann wie Polykarp gegenŸber fast unnštig und ŸberflŸssig erscheinen mšchten, zumal darin der Ton der Pastoralbriefe des hl. Paulus angeschlagen ist. ãWenn du blo§ die guten SchŸler liebst, so wirst du kein Verdienst haben; vielmehr unterwirf dir durch Sanftmut die Schlimmen!Ò (Kp.2). ãWerde noch eifriger als du bist! Lerne die Zeit verstehen und erwarte (sehnsuchtsvoll) den, der Ÿber die Zeit erhaben ist, den Unsichtbaren, der unsertwegen im Fleisch sichtbar geworden ist.... und unsertwegen auf alle Weise gelitten hat!Ò (Kp. 3) ãLass deine Gemeinde šfter zusammenkommen! Suche jeden einzeln dem Namen nach kennenzulernen! Sklaven und Sklavinnen verachte nicht! (Sorge aber anderseits dafŸr, dass dieselben nicht ŸbermŸtig werden!) Vielmehr sollen sie zur grš§eren Ehre Gottes ihren Dienst versehen, damit sie desto grš§ere Freiheit von Gott erlangen.Ò So schreibt Ignatius dem Polykarp ein greiser ApostelschŸler dem anderen. Das persšnlich freundschaftliche VerhŠltnis zwischen beiden tritt zurŸck hinter dem Gedanken an die pflichtmŠ§ige Ehre und den Dienst dem gemeinsamen Herrn und strengen Richter gegenŸber; daher der strenge, harte, eiserne Ton. Es ist vor allem auch der Ernst der Verfolgung um des wahren Glaubens wegen, der beiden die Mahnung zum heiligen Kriegsdienst eingibt. ãSuchet dem zu gefallen, dessen Soldaten ihr seid, von dem ihr auch den Sold erhalten werdet. Keiner von euch werde zum Deserteur! Eure Taufe bleibe gleichsam eure WaffenrŸstung, der Glaube sei euer Helm, die Liebe eure Lanze, die Geduld euer Schild! (So Ignatius in seinem Brief an Polykarp 6, (PLACETE Illi, cui militatis, a quo et stipendia fertis; nemo vestrum desertor inveniatur. Baptismus vester maneat velut arma, fides ut galea, caritas ut hasta, patientia ut tota armatura; deposita vestra sint opera vestra, ut accepta vestra digne reportetis!Ò) vgl. umgekehrt: Polykarps Brief an die Philipper Kp.4) .

Nichts hŠlt so fest zusammen wie die Glieder einer eisernen Kette. Zum festen Zusammenhalten in unverbrŸchlicher Einheit mahnen daher die beiden bischšflichen Blutzeugen der Urkirche. Sie geben selbst durch die innigste Liebesgemeinschaft das Beispiel brŸderlicher Eintracht. Das Verlangen, unbeugsam festzustehen, kettet Ignatius und Polykarp aber nicht blo§ aneinander, sondern verbindet beide mit starken Banden der Treue und Liebe mit Rom, dem Mittelpunkt und Quellpunkt der kirchlichen Einheit. Der eine zieht mit glŸhendem Verlangen zu der ãVorsteherin des LiebesbundesÒ, wie er die Kirche von Rom nennt (Ignatius, Ep. Ad Rom.c.1), zu der ãgeliebten und erleuchteten ršmischen KircheÒ, um in ihrer Mitte durch sein Blut Christus zu bekennen. Der andere – Polykarp – geht zu Papst Anicet, um die stŠhlerne Einheit der Kirche des Morgenlandes mit der ršmischen Kirche zu bestŠtigen.

Der hl. Johannes Chrysostomus hat in seiner Lobrede auf Ignatius v. A. dessen besondere Ehrenkrone darin gesehen, dass die  gšttliche Vorsehung ihn zum Nachfolger des ApostelfŸrsten Petrus in Antiochien gemacht hat, weil eben dadurch in gewissem Sinn Ignatius ebenso als Felsengrund der Kirche bezeichnet werden kšnne wie der hl. Petrus. ãPetrusÒ, so sagt Johannes Chrys. wšrtlich (in seiner Homilia in S. Ignatium martyrem, ed. Montfaucon t. II, p. 597) ãden der Herr Ÿber den ganzen Erdkreis gesetzt hat, dessen mŠchtigem Urteilsspruch er alles Ÿbergeben hat, ihn hat er in dieser Stadt (Antiochien) einen langen Aufenthalt nehmen lassen. So ist also unsere Stadt (Antiochien) gewisserma§en gleichwertig zu halten mit dem ganzen Erdkreis. Darin aber liegt die Ehre des Ignatius, dass er Petrus im Episkopat (in Antiochien) nachgefolgt ist. Denn gleichwie jemand, der aus dem Fundament eines GebŠudes einen gewaltigen Grundstein herausnimmt, einen ganz gleichen Stein an die Stelle des frŸheren zu bringen sucht, wenn er nicht das ganze GebŠude erschŸttern und gefŠhrden will, so hat auch die Gnade des Hl. Geistes beim Weggang des Petrus von Antiochien (nach Rom) einen anderen dem Petrus gleichgesinnten Lehrer an dessen Stelle gesetzt, damit der errichtete Bau nicht durch die SchwŠche des Nachfolgers an StŠrke verlšre!Ò Das kalte, harte, feste Eisen allein wŠre aber kein passendes Bild fŸr den Geist dessen, der das sanfte und leichte Joch des gšttlichen FriedensfŸrsten anderen aufzulegen sich bemŸht. Darum gleichen Ignatius und Polykarp, wie  schon angedeutet wurde, nicht blo§ dem Eisen, sondern Feuer und Eisen oder dem von Feuer glŸhenden Eisen, das feurig geworden ist, dabei aber seine Festigkeit nicht verliert. TatsŠchlich, die beiden Bischšfe der Urkirche glŸhten vom Feuer reiner, selbstloser Liebe! Wer vermšchte etwa die selbstlose Liebesglut zu Christus zu schildern, wie sie im Ršmerbrief des hl. Ignatius spŸrbar wird! Und welche Liebe einer Mutter zu ihren Kindern kommt wohl der innig treuen, liebenden Sorge gleich, die Ignatius in allen seinen Briefen fŸr die Christen in den einzelnen Gemeinden empfindet!? Was aber lŠsst sich Erhebenderes und Ergreifenderes denken als Polykarp, der die HŠnde auf dem RŸcken gefesselt, auf dem Scheiterhaufen seine Augen zum Himmel erhebt und mit lauter Stimme betet: ãAllmŠchtiger Herr und Gott, Vater deines geliebten und gebenedeiten Sohnes Jesus Christus... ich preise dich, das du mich dieses Tages und dieser Stunde fŸr wŸrdig erachtet hast, in der ich in der Zahl deiner Bekenner Anteil erhalte am Kelch deines Christus zur Auferstehung fŸr das ewige Leben in der Unverweslichkeit des Hl. Geistes!Ò (Martyrium S. Polycarpi c.14)

Wenden wir nun den Blick von den beiden MŠrtyrerbischšfen der Urkirche weg auf uns und auf die Kirche in unserer Zeit! Eine echte Erneuerung der Kirche in einer Weise, dass sie wirklich wieder glaubwŸrdig und fŠhig wird zu Eroberungen fŸr Christus wie damals in der Urkirche wird nur mšglich, wenn die Bischšfe und Priester in unserer Zeit auch Feuer und Eisen zugleich sind wie Ignatius und Polykarp! Solche Priester hatten die gro§en Reformer und Ordensstifter in Krisenzeiten der Kirche vor Augen, etwa der hl. Benedikt oder Franziskus und Dominikus oder Ignatius v. L. und Philipp Neri, die sich um solche Priester umschauten und mit ihnen dann das Reformwerk begannen. Umgekehrt waren die traurigsten Zeiten fŸr die Kirche stets jene, in denen anstatt der unbeugsamen EisenstŠbe und des Stahlbetons schwankende Rohrstengel die Palisaden um den Weinberg Gottes bildeten und in denen anstelle des flammenden Feuers in den Herzen der Priester nur noch ausgebrannte Asche war oder hšchstens noch erlšschende Glut unter der Asche! Es gab solche Zeiten! Heute sind sie leider wieder da: Man redet der Aufweichung der sittlichen GrundsŠtze und Dogmen des Christentums das Wort und nicht der klaren Festigkeit und eisernen stŠhlernen HŠrte dem aufgeklŠrten modernistischen Zeitgeist gegenŸber! Man kennt keine Festigkeit mehr in der Treue zum hl. Beruf, man kennt kein GlŸhen mehr in begeisterter Liebe fŸr Christus und seine Kirche! Man kennt keinen selbstlosen Einsatz mehr fŸr Gott und sein Reich! Am Schluss von Priesterexerzitien sagte Kardinal Rauscher 1873 zu seinen Priestern: ãEs ist Zeit, sich selbst aufzugeben und an nichts andres zu denken, als daran, fŸr Gottes Ehre  zu arbeiten! Denn die SelbstentŠu§erung ist das Siegel und die Echtheitsprobe der Liebe, die der Gekreuzigte als Entgelt fŸr seine Liebe verlangt und je weiter wir von der Kraft und Reinheit dieser Liebe entfernt sind, desto weniger dŸrfen wir hoffen, dass unser Gebet den Himmel und unser Wort die Herzen durchdringen werden!Ò

In solchen Worten ist das vielen heute leider verborgene Geheimmittel angegeben, das aus uns Priestern wieder MŠnner von Eisen und Feuer macht nach dem Beispiel der MŠrtyrerbischšfe Ignatius und Polykarp und der anderen heiligen Bischšfe und Priester der Kirchengeschichte.

Nochmals sei an den Brief des hl. Ignatius von Antiochien an Polykarp von Smyrna erinnert. Man kann wirklich nicht ohne RŸhrung und Ergriffenheit lesen, wie da ein Greis den anderen, ein Bischof den anderen, ein MŠrtyrer den anderen ermahnt. Der Brief enthŠlt tatsŠchlich nichts als ernste Ermahnungen. Kein Wort von rein persšnlichen Angelegenheiten in diesem Brief, kein Schatten von irdischen Interessen! Nur Liebesglut fŸr Christus, nur Sorge fŸr die unsterblichen Seelen, nur verzehrendes Heimweh nach der ewigen Heimat spricht aus diesem Brief. ãIhn, der Ÿber der Zeit steht, erwarte, der keine Zeit kennt, den Unsichtbaren, der unsertwegen leidensfŠhig wurde und fŸr uns auf jegliche Weise geduldet hat!Ò (Tempora perpende! Eum, qui ultra tempus est, exspecta, intemporalem, invisibilem, propter nos visiblilem; impalpabilem, impatibilem, propter nos patibilem, qui omni modo propter nos sustinuit). So schreibt Ignatius an Polykarp. Schon der Stil allein in diesem Brief ist aufschlussreich. Kurze, knappe Imperative beherrschen diesen Brief. Es ist soldatische Sprache. Beide Bischšfe wussten sich eben in der harten Verfolgungszeit in einem geistigen Kriegsdienst fŸr Christus, den Kšnig. Soldatengeist, den man in dieser harten Zeit haben muss, und die Wachsamkeit eines Soldaten fordert Ignatius von Polykarp. Es ist die Sprache eines Generals, der aus der vordersten Front scheiden muss und der dem zurŸckbleibenden Offizier, der nun an seiner Stelle das Kommando Ÿbernehmen muss, die Sorge fŸr das Heer und fŸr den siegreichen Kampf anvertraut mit den vielsagenden Worten: ãVigila insomnen spiritum posidens!Ò Verschieden kann man diesen vielsagenden Befehl Ÿbersetzen: Wache, der du einen schlaflosen Geist besitzt! Oder: wache, denn der Geist, den du empfangen hast, kennt keinen Schlaf! Das wachsame Auge des pflichtbewussten Kommandanten muss im Krieg sich auf ein Zweifaches richten: auf das ihm anvertraute Heer, damit es kampffŠhig und kampfbereit bleibt, und auf die Bewegungen des feindlichen Heeres, damit diesem kein unerwarteter †berraschungsangriff gelingt. Der schlichte Landser, der gemeine Soldat kann sich dabei vielleicht dann und wann eine Stunde der Ruhe gšnnen und kann sich dann und wann gehen lassen, ohne das dies viel Schaden anrichtet. Aber wehe, wenn der kommandierende General nicht wacht, denn er muss zur rechten Zeit auch die mŸde und schlŠfrig gewordenen Soldaten zum Kampf mitrei§en! Welche Wachsamkeit mŸssten doch eigentlich – so meint es wohl Ignatius – die AnfŸhrer des Heeres Chrisi, die Bischšfe und Priester den unzŠhligen geheimen und offenen Feinden des Reiches Gottes gegenŸber zeigen! Petrus, der die schlimmen Folgen der mangelnden Wachsamkeit und der SchlŠfrigkeit an sich selbst erfahren hat, damit er umso dringender die berufenen WŠchter und Hirten der Kirche ermahnen kšnne, ruft uns zu: ãBrŸder, seid nŸchtern und wachsam, denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brŸllender Lšwe, der sucht, wen er verschlinge!Ò Das wŠre aber noch gar nicht das Schlimmste, wenn der Feind, der Teufel, seine NŠhe und seine Angriffe immer zuerst wie ein Lšwe durch sein BrŸllen verrate! Paulus aber verschŠrft in seinem Testament die Mahnung zur Wachsamkeit, da er die feinde des Gottesreiches mit anderen Bestien vergleicht und unter TrŠnen den nach Milet bestellten Episkopen von Ephesus zuruft: ãHabet acht auf euch und die ganze Herde, in der euch der Hl. Geist zu WŠchtern gesetzt hat, die Kirche Gottes zu regieren, die er sich mit seinem Blute erkauft hat. Ich wei§ nŠmlich, dass nach meinem Weggang rei§ende Wšlfe bei euch eindringen und die Herde nicht schonen werden. Und auch aus eurer eigenen Mitte werden MŠnner mit verkehrten Lehren aufstehen, um die GlŠubigen zu verwirren und zu verfŸhren. Deshalb wachet in treuer Erinnerung daran, dass ich durch drei Jahre hindurch Tag und Nacht unter TrŠnen einen jeden von euch ermahnt habe!Ò (Apg 20,28-31).

ãDer Hl. Geist hat euchÒ – so sagt Paulus – zu Episkopen, zu Bischšfen, z u WŠchtern gesetztÒ. Und dieser gšttliche Geist verleiht dem schwachen, so schnell mŸde werdenden, schlafbedŸrftigen Menschen Ausdauer im harten WŠchterdienst und eine Kraft, die das menschliche Kšnnen Ÿbersteigt. Es ist eben der ãinsomnis spiritusÒ, von dem der hl. Ignatius v. A. an Polykarp schreibt, jener Hl. Geist, auf den der Všlkerapostel Paulus alle apostolische, priesterliche TŠtigkeit zurŸckfŸhrt, wenn er seinem SchŸler Timotheus schriebt: ãIch ermahne dich, das du die Gnade Gottes wieder aufweckst, die in dir ist durch die Auflegung meiner HŠnde; denn Gott hat uns nicht den Geist der Furchtsamkeit gegeben sondern den der Kraft und der Liebe und Besonnenheit!Ò (2 Tim 1,6-7)

Mit welch klassischer Kraft und PrŠgnanz hat Ignatius dieses paulinische Mahnwort wiederholt in seinem Imperativ: ãVigila insomnem spiritum possidens!Ò Die Urkirche war eben eine in schwerem Kampf und leidvoller Verfolgung aufgerŸttelte, kampfbereite streitende Kirche. Die ApostelschŸler aber, unter ihnen voran Ignatius und Polykarp, fŸhrten den Auftrag aus, den sie Ÿber die Apostel von Christus, dem obersten Feldherrn erhalten hatten: ãIch bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert!Ò

Jeden Zweifel daran, ob wir die fŸr unsere verworrene Zeit, in der dunkle MŠchte und Gewalten an der Arbeit sind, um die Kirche zu zerstšren, so aktuelle Mahnung des hl. Ignatius zur Wachsamkeit richtig verstanden haben, schlie§t dieser Heilige der Urkirche selber aus, indem er am Schluss seines Briefes seinem bischšflichen Kollegen Polykarp und dessen Untergebenen schreibt: ãStrebt dem zu gefallen, dessen Soldaten ihr seid und der euch auch euren Sold auszahlen wird! Keiner von euch werde als †berlŠufer (Deserteur)  befunden. Euer Taufbund bleibe bestehen, der gleichsam eure RŸstung ist: der Glaube als Helm, die Liebe als Wurfspeer, die Geduld als Schild!Ò

Soll noch eine zeitgemŠ§e Anwendung dieser Mahnung des hl. Ignatius gemacht werden? Es ist fast ŸberflŸssig-, aber dennoch sei es gewagt: Der Seelsorger in unserer verworrenen Zeit hat noch lange nicht seine Pflicht erfŸllt, der sich nicht darum kŸmmert, was in seiner Gemeinde vorgeht, welche Zeitungen und Illustrierte verbreitet und gelesen werden, welche Machinationen und Manipulationen sich der Unglaube, Irrglaube und Halbglaube und der neomodernistische Geist sich erlaubt, um Verwirrung in die Pfarrangehšrigen hineinzutragen! Heute muss man wirklich einen ãinsomnis spiritusÒ, einen schlaflosen Geist, der den Seelsorger nicht mehr zur Ruhe kommen lŠsst, besitzen, um nur einigerma§en alle Umtriebe des Bšsen im Auge zu behalten! Heute ist es wieder so wie damals im Revolutionsjahr 1848, als der damalige FŸrstbischof von Breslau, Heinrich Fšrster in seinen ãZeitpredigtenÒ den Priestern und GlŠubigen zurief: ãWie der Krieger auf seinem Posten nicht schlafen darf, so darf es auch der Christ (ganz besonders der Priester) umso weniger, je stiller, heimlicher und unerwarteter der Feind sich heute oft naht. Darum, ich wiederhole es, wachet allezeit, vor allem jetzt bei diesem GŠren der Meinungen, bei diesem Schwanken der Grundlagen, bei dieser Verwirrung der Begriffe, bei dieser Armut an echtem Glauben und echter Liebe, bei diesem UnterwŸhlen aller alten Ordnungen und Rechte, bei dieser Herrschaft der Selbstsucht und †berheblichkeit!Ò

Wahrhaftig, Ignatius hatte damals recht und sein Wort gilt heute wieder in ganz besonderer Weise, wenn er jedem von uns zuruft: ãVigila insomnem spiritum possidens! Wache, denn der Geist, den du empfingst, darf keinen Schlaf kennen!Ò – Und es gilt heute mehr denn je das Wort, das an den Anfang dieses Vortrags gestellt wurde aus dem Buch Jesus Sirach: ãDas wichtigste fŸr das Menschenleben ist: Wasser und Salz, Feuer und Eisen!Ò Wenden wir es immer wieder auf uns an: Erfrischen wir uns immer wieder in dieser Zeit, in der die seelische Umweltverschmutzung viel viel grš§er ist als die materielle, an den Wassern des Heils und reinigen wir uns darin im regelmŠ§igen Empfang des Sakramentes der Bu§e! Seien wir dann nach der Mahnung des Herrn wirklich Salz der Erde und werden wir selber nicht schal und kraftlos. ãWenn aber das Salz schal wird, so taugt es zu nichts mehr. Es wird hinausgeworfen und von den Leuten zertreten!Ò Seien wir aber auch MŠnner aus Feuer und Eisen! Feurig glŸhend von Christusliebe und glŸhend von Seeleneifer, aber auch eisern in der Grundsatztreue und Berufstreue und nicht schwankende Schilfrohre! Bleiben wir fest und, wenn es sein muss, sogar hart im verteidigen der Dogmen und der klaren christlichen GrundsŠtze! Seien wir selber keine Weichlinge und lassen wir die Aufweichung dessen nicht zu, was dem Christentum und der Kirche Christi bisher herauf durch die Jahrhunderte die stŠhlerne Festigkeit gegeben hat! Nur so kšnnen wir die gegenwŠrtige furchtbare Krise der Kirche siegreich Ÿberstehen!

 

(Die wichtigsten Anregungen und Gedanken zu diesem Priestervortrag wurden dem Buch von P. Augustin Ršsler CSsR, FŸrs Priesterherz entnommen und zwar den Kapiteln ãFeuer und EisenÒ /S. 29-38/ und ãVigila insomnem spiritum possidensÒ / 39-51)